Ungefähr ein halbes Jahr dauerte es, bis Christin Lang, die im Juni 2020 ihr Abitur im Beruflichen Gymnasium für Wirtschaft und Verwaltung mit der niemals in Frage stehenden Traumnote 1,0 abschloss, die Zusage zur Aufnahme in die Studienstiftung des deutschen Volkes erhielt.

Wer glaubt, mit einem solchen Abiturdurchschnitt sei dieses Stipendium selbstverständlich – weit gefehlt. Um überhaupt zum aufwendigen Bewerbungsverfahren eingeladen zu werden, bedurfte es neben Bewerbungsbogen und einem ausführlichen Lebenslauf zahlreicher Empfehlungsschreiben, Ehrenamtsbescheinigungen, Belege außerunterrichtlichen Einsatzes und damit des Interesses am Gemeinwohl von Schule oder Wohnort… hier muss man schon mal tief durchatmen. Und dann ging es an einem Auswahlwochenende erst richtig los:

Nach einer Informationsveranstaltung am Freitag Abend fand die eigentliche Bewerbung ganztägig am Samstag sowie am Sonntag statt.

Zunächst musste Christin ihren Vortrag zum Thema „Die Erforderlichkeit und Sinnhaftigkeit von hohen Haftstrafen bei illegalen Kraftfahrzeugrennen mit Todesopfern“ komplett ohne Hilfsmittel halten und diesen im Anschluss als Moderatorin in einer knapp viertelstündigen Diskussionsrunde verteidigen. (!) Einen Rollen- und Perspektivwechsel nahm sie als Teilnehmende an vier (!) Diskussionsrunden anderer Bewerber*innen wahr.

Außerdem führte sie zwei gut halbstündige Einzelgespräche mit unterschiedlichen Kommissionsmitgliedern, in der ihr zu ausgewählten Themen auf den Zahn gefühlt, aber auch ihr Lebenslauf einmal „abgeklopft“ wurde.

Insgesamt stellt dieses Bewerbungsverfahren damit eine anspruchsvolle Mischung aus Assessment-Center für angehende Führungskräfte in Unternehmen sowie der Verteidigung einer Studienarbeit an der Universität dar.

Nach zwei Wochen war es dann soweit: Der Bescheid mit der Aufnahme kam an. Fun-Fact: Man erkennt das Ergebnis wohl schon an der Größe des Briefs: Großer Brief bedeutet Zusage (wegen der weiteren Unterlagen) und kleiner Brief bedeutet Absage.

Wenn man uns Lehrkräfte gefragt hätte, wären wir uns in Sachen „großer Brief“ doch recht sicher gewesen. Warum? Ein Blick auf die Website der Studienstiftung des deutschen Volkes macht vieles deutlich:

Wen wir fördern
Die Studienstiftung fördert Studierende, deren Begabung und Persönlichkeit besondere Leistungen im Dienst der Allgemeinheit erwarten lassen. (BKO: Stimmt, sowohl Begabung (Note!) als auch Persönlichkeit (zielorientiert, über den Tellerrand blickend usw.) Unsere Stipendiatinnen und Stipendiaten prägen und gestalten die Gesellschaft dabei auf vielfältige Weise mit und beweisen so auch: die typische Studienstiftlerin oder den typischen Studienstiftler gibt es nicht. Alle Geförderten eint jedoch:
• Freude an intellektuellen Herausforderungen (BKO: Noten - nicht zuletzt in den Leistungskursen!)
• Echtes Interesse am intensiven Austausch mit anderen Menschen und Kulturen (BKO: Christin war unter anderem mit jungen 14 Jahren ein halbes Jahr in Australien)
• Ausdauer, sich auch mit fachfremden Themen eingehend zu beschäftigen (BKO: wer erinnert sich nicht an ihren Selbstverteidigungskurs in der Projektwoche - für Schüler*innen und (!) Lehrkräfte?)
• Neugier, intellektuell oder praktisch neue Welten zu erfahren (BKO: wer Christin als Schülerin erlebt hat, dem bleibt für immer in Erinnerung, dass sie ein „ist halt so“ oder „ist für den Kurs xy nicht vorgesehen“ niemals gelten lassen wird)
• Bereitschaft, aus Überzeugung gesellschaftliche Verantwortung zu übernehmen (BKO: jahrelanges SV-Mitglied, dabei auch Mitglied der Schulkonferenz, der Teilkonferenz, des sogenannten Feuerwehrausschusses für dringende Entscheidungen – außerdem hätte es ohne sie und ihre Mitstreiterinnen wahrscheinlich kein Abibuch gegeben. Hier jonglierte sie insgesamt die Interessen von knapp 50 Schüler*innen des Beruflichen Gymnasiums für Wirtschaft und Verwaltung und Informatik – eine glasklare Dichotomie …)

Aber Christin musste ja nicht uns, sondern die Kommissionsmitglieder der Stiftung des deutschen Volkes überzeugen – und das hat sie mit Bravour gemeistert.

Wir freuen uns mit ihr, wünschen ihr bei ihrem Jura-Studium viel Erfolg und sind uns sicher, dass sie aus dem Stipendium für sich und die Allgemeinheit das Beste rausholen wird. Herzlichen Glückwunsch!