Plöpp! Im entscheidenden Moment hält der Chemielehrer ein Streichholz (oder den Bunsenbrenner) ans Reagenzglas und den Schülerinnen und Schülern ist klar, das Experiment ist geglückt. Das, was hinten rausgekommen ist, muss Knallgas sein. Das Gas-Gemisch ist so etwas wie das Klischee der explosiven Naturwissenschaften. Schon lange hat der Wasserstoff – aus dem das Knallgas neben dem Sauerstoff besteht – einen festen Platz im Schulalltag.
Nicht alltäglich waren die Umstände, unter denen in der letzten Woche am Berufskolleg Ostvest das Thema Wasserstoff behandelt wurde. Schulleiterin Juliane Brüggemann hatte zum „Dattelner Forum“ geladen – Mitglieder der Schulgemeinschaft sowie interessierte Bürgerinnen und Bürger aus Datteln und der Region hatten die Möglichkeit, sich über erneuerbare Energien zu informieren.
Dazu hatte man sich Expertise ins Haus geholt. Volker Lindner und Peter Brautmeier vom h2-netzwerk-ruhr waren die Impulsgeber, die in kompetenten Vorträgen und im Rahmen einer von Klaus Beie geleiteten Diskussionsrunde Stellung nahmen.
Brautmeier und Lindner sind davon überzeugt, dass die Energiewende nicht ohne den Wasserstoff zu schaffen ist. Auf den ersten Blick mag es so scheinen, als handele es sich bei Wasserstoff um eine Übergangstechnologie. „Die Technologie wird uns auch in fernerer Zukunft erhalten bleiben, wahrscheinlich sogar weiter ausgebaut. Je mehr wir über grünen Strom verfügen, desto umfangreicher werden wir ihn in Wasserstoff wandeln, um die Energieversorgung und die Industrie flexibel und sicher versorgen zu können“, so Lindner. Denn erst die Nutzung von „grünem“ Wasserstoff ermögliche in ganz bestimmten Industriezweigen die Energiewende. Mittelfristig kann der Wasserstoff die Koks-Kohle in der Stahlindustrie ersetzen. Die Stadt Herten, wo Volker Lindner Stadtbaurat und Peter Brautmeier Leiter der Wirtschaftsförderung waren, geht voran. Hier werden Brennstoffzellen hergestellt und auch die Busse fahren mit dem „Energieträger der Zukunft“.
Auch gerade der Bildungssektor wird sich – wieder einmal – neu aufstellen müssen. Im Anschluss an das Impulsreferat der Wasserstoff-Fachleute kamen die Bildungsexperten im Rahmen einer Diskussionsrunde zu Wort, bei der auch Fragen aus dem Publikum beantwortet wurden. Dr. Daniel Kobe und Dr. Lars Thyssen vom Berufskolleg Ostvest gingen der Frage nach, was auf eine berufsbildende Schule zukommt, wenn die Energiewende geschafft werden soll. Klar ist, dass auch hier der Digitalisierung eine Schlüsselrolle zukommen wird. Es scheint aber absehbar, dass zumindest im Zusammenhang mit dem Wasserstoff keine besonderen Spezialqualifikationen benötigt werden, sondern sich etablierte Ausbildungsberufe den neuen Technologien anpassen müssen. Hier wird ein anspruchsvoller Weg beschritten, der viele öffentliche und private Lebensbereiche betrifft, denn bis 2045 müssen wir alle klimaneutral sein.
Spannend bleibt die Diskussion um Energiegewinnung auch in Datteln. War doch die öffentliche Aufmerksamkeit in den letzten Jahren auf die unendliche Diskussion um Datteln IV gelenkt, so bietet sich demnächst vielleicht die Möglichkeit einer diskursiven Ergänzung. Auf dem Schulgelände des Berufskollegs könnte ein Kompetenzzentrum „Erneuerbare Energien“ entstehen, bei dem auch das Thema Wasserstoff eine Rolle spielen wird. Das Dattelner Forum hat einen wichtigen Beitrag dazu geleistet offenzulegen, wo Potentiale in diesem Bereich liegen und wie man in der guten Sache vorankommen kann. Im Anschluss an die schöne Veranstaltung hatten alle Besucher und Experten die Möglichkeit, sich bei Getränken und etwas zu essen in ungezwungener Runde zum Thema auszutauschen.
Einen Einblick in das 5. Dattelner Forum zum Thema Wasserstoff erhalten Sie hier: